
Britische Karte 1944, Quelle: Bildarchiv der Stadt Bochum
Kriegsgefangene stehen unter Bewachung der Wehrmacht und werden in primitiven Holzbaracken untergebracht
So berichtet Baumeister Raulff an die Direktion: „Für die 1.400 Kriegsgefangenen auf Grund der Fördersteigerung 1943 wurden insgesamt 92 Barackeneinheiten bestellt.“ (Betrifft Rundschreiben vom 6.4.1943, montan.dok BBA 20/2883). Ihre prekäre Unterbringung wird in folgenden Überlegungen deutlich: anstelle von für 150-250 Zivilarbeitern könnten die Baracken mit 250- 350 Kriegsgefangenen belegt werden. Für die Abortbaracke wird angemerkt, dass die Verwendung von Spülklosetten nach den Richtlinien für die behelfsmäßige Kriegsbauweise zu vermeiden sei. Bei der Ausstattung könne man auch einen Unterschied machen zwischen Zivilarbeitern und Kriegsgefangenen z. B. 1 Waschschüssel für 2 Zivilarbeiter und 1 Waschschüssel für 3 Kriegsgefangene (Bezirksgruppe Steinkohlenbergbau Ruhr, montan.dok BBA 20/411).
Im Januar 1945 berichtet die Unfallabteilung von Constantin über die Krankenziffern der Kriegsgefangenen
Über mehrere Tage wurden die 1.165 russ. Kriegsgefangenen im Lager Hiltrop-B (Lager 720 R) einer Untersuchung unterzogen. Mit folgendem Ergebnis:
Neben hauptsächlichen Krankheiten wie Oedeme = dicke Beine und Bäuche (Ursachen unbekannt!), Karbunkel und Furunkel werden Erkrankungen der Gelenke genannt. Es wird sowohl auf die mangelnde Ausstattung mit Schuhen, wie auch der Revierbaracken aus Holz eingegangen. Sie seien „ an sich gut beheizt, es fehlen Strohsäcke und Decken.“ Mit 24-28 Mann auf 6 – 4 m (6x4m²?) sei die „Ansteckungsgefahr groß“. Ein Arzt fehle nach dem Terrorangrff im Zillertal und der russische Arzt tauge nichts.
Das Essen sei zwar „an sich gut, aber durch Glätte zu spät eingetroffen und kalt.“ Darüberhinaus sei teilweise auf Schacht 4/5 Überarbeit ein Problem. „ Nach Angaben von Oberfeld(webel) Arenburg seien die Leute einige Male von der Morgenschicht am nächsten Morgen erst um 2 Uhr im Lager zurück gewesen und sollten dann um 3 Uhr wieder heraus. Diese Leute, 7-17 Mann, (wurden nicht) zur Arbeit geschickt.“ Die Kranken- und Verletztenquote lag im Untersuchungszeitraum zwischen 11 und 13%. (Qu: , 28.1.1945 Priggert, Sicherheitsbeauftragter, montan.dok BBA 20/2885, S. 40 ff.)

Stammlager Hemer besorgt über hohe Krankenstände und „Abgänge“, Januar 1944
“ Anhand von Röntgenuntersuchungen bei 36,6% (=35.000 Gefangenen) bis Januar 1944 hatten rd. 10% offene TB und etwa 10% verkapselte TB. (…) Bei einer Reihe von Zechen sei ein besonders großer Abgang von Kriegsgefangenen zu verzeichnen (…) bei Constantin 4/5 = 16% .“ (…) „Herr v. Würrow (Oberstleutnant von Würrow, Kommandant vom Stalag Hemer) gab die folgenden Zahlen bekannt: Von den dem Bergbau zugeführten Kriegsgefangenen sind bis zum 1.1. 1944: 6.398 gestorben, 125 erschossen, 1.826 entflohen, 388 entlassen, 656 zur Luftwaffe abkommandiert, 7.530 für Arbeiten nach Frankreich abgestellt, 28.621 durch Erkrankungen usw. dem Bergbau verloren gegangen. Von den bis 1.1. 1944 dem Bergbau überwiesenen 133.000 Kriegsgefangenen sind dem Bergbau nur 87.000 verblieben.“ (Qu.: 3.3.1944 montan.dok BBA 20/2885)
Wie viele Kriegsgefangene auf Constantin umgekommen sind, ist bis heute nicht geklärt!
Von den 477 Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern aus der Sowjetunion und Polen auf dem Südfriedhof in Herne konnten lediglich 33 tote russische Kriegsgefangene dem Lager Constantin Schacht XI, Mont Cenis, zugeordnet werden. Wo wurden die Toten von Constantin Schacht 4/5 begraben und wieviele waren es?
Auf dem Bochumer Hauptfriedhof, Freigrafendamm, sind ca. 1.800 Zwangsarbeiter v.a. aus der Sowjetunion beigesetzt. Ein Gräberfeld birgt 684 sowjetische Kriegsgefangene und 30 Zwangsarbeiter in einem Massengrab, das durch einen sarkophagähnlichen Sandsteinblock gekennzeichnet ist. Die Inschrift lautet: „Ihre Gebeine liegen hier fern der Heimat, doch Gottes Erde ist überall.“ https://kriegsgraeberstaetten.volksbund.de/friedhof/bochum-hauptfriedhof
Allein nahe des ehemaligen Stammlagers Hemer, das sich zunehmend zum Krankenlager entwickelte und durch das alle Kriegsgefangenen in den Ruhrbergbau geschleust wurden, sind noch heute auf dem russsischen Friedhof mehr als 3.000 Massengräber von sowjetischen Kriegsgefangenen zu beklagen.